Franceline Amos
1986 aus Portugal in die Schweiz gekommen
Aufgewachsen bin ich in der Nähe von Viseu in Portugal, in einem kleinen Dorf umgeben von Wäldern. Es war sehr ländlich, mit viel Natur um uns herum. Wir waren immer draussen. Mein Vater arbeitete während einigen Jahren als Maurer in Frankreich und kam jeweils im Winter zu uns. Meine Eltern hatten die Mittel nicht, dass wir drei Töchter studieren können. Deshalb verdiente ich bereits während dem Gymnasium Geld mit Kinderhüten. Doch als ich 18jährig war, wurde es mir zu anstrengend, tagsüber zu lernen und abends zu arbeiten. Ich hatte Freunde in der Schweiz und dachte, ich gehe mal für ein, zwei Jahre Geld verdienen und schliesse mein Studium später ab.
Ich
erinnere mich gut, als ich in Sierre ankam: Ich sah die kleinen Terrassen mit
nackter Erde. Bei uns in Portugal ist es zu dieser Jahreszeit grün. Doch hier
war Frühlingsanfang, und ich realisierte erst später, dass es Reben waren, die noch
nicht trieben. Später blühte alles, auch die Wiesen, es wurde grün und war
wunderbar.
Ich arbeitete für ein paar Monate als Au Pair bei einer Familie, wechselte aber schon bald in ein Restaurant ins Val de Bagnes. Ein paar Monate später lernte ich meinen Mann, einen Walliser, kennen. Wir bekamen zwei Söhne. In diesem Tal wohne ich heute noch. Zurück ans Gymnasium in Portugal ging ich nicht mehr, bildete mich aber in der Schweiz weiter: mit einer 4-jährigen Ausbildung zur Pastoralassistentin. Ich erhielt ein Pensum von 40 Prozent und unterrichtete Ethik und religiöse Kulturen an den Schulen im Val de Bagnes. Zudem absolvierte ich die Ausbildung zur interkulturellen Dolmetscherin in Lausanne und arbeite noch heute als Übersetzerin in Spitälern, am Gericht, in Schulen und für verschiedene Sozialdienste.
Zu
Femmes-Tische kam ich, weil mich die Integrationskommission der Gemeinde angefragt
hatte. Damals war das Programm kurz davor im Wallis zu starten. Ich moderiere Gesprächsrunden
für Leute aus Portugal und Brasilien, aber auch aus den Kapverden, Angola und
Mosambik. Es ist schwierig, die portugiesisch sprechende Bevölkerung zur Teilnahme
an den Gesprächsrunden zu animieren, denn sie arbeiten alle viel und haben
wenig Zeit zur Verfügung. Während meinen Übersetzungsarbeiten mache ich auf das
Angebot aufmerksam. Letzten Sonntag konnte ich eine Gesprächsrunde durchführen.
Ich wählte das Thema «psychische Gesundheit». Wir wanderten an der frischen
Luft, diskutierten, blickten aufs Tal und assen dazu einen Snack. Die Gruppe
war begeistert.
Ich
moderiere oft Gesprächsrunden zum Thema Krankenkasse oder Schule. Selber habe
ich lange gebraucht, das Schweizer Schulsystem mit den verschiedenen Niveaus
und der Berufslehre zu verstehen. Mir fällt auf, dass viele Eltern kommen,
deren Kinder Schwierigkeiten in der Schule haben und sich damit einsam fühlen.
Dank der Gesprächsrunden lernen sie sich gegenseitig kennen, finden zueinander
und stellen fest, dass sich andere Kinder und andere Eltern in der gleichen
Situation befinden.